Kinder stark machen


Was können die Vereine und Institutionen leisten?

Gewalt an und unter Kindern, die ganze Palette an Süchten, psychische Schäden, emotionaler wie sexueller Missbrauch - das sind die Schlagwörter, wenn Experten über die Probleme von Kindern in unserer modernen Gesellschaft diskutieren. Wie aber können wir Kinder vor solchen Nöten bewahren, wie können wir sie stark machen gegen solche Bedrohungen?

Stark sein bedeutet in diesem Zusammenhang viel mehr als nur Muskeln zu haben und körperlich fit zu sein. Gefragt ist vor allem innere Stärke, um die Anforderungen des Alltags zu meistern.
Zur Entwicklung dieser Stärken bedürfen Kinder und Jugendliche der Unterstützung der Erwachsenen. Nicht zu unterschätzen sind dabei auch die Möglichkeiten und Kompetenzen von Vereinen, aber auch Institutionen wie Freiwillige Feuerwehr oder Deutsches Rotes Kreuz.

Kinder wollen naturgemäß "etwas erleben", ausprobieren, Risiken eingehen, Verantwortung übernehmen und Herausforderungen annehmen, an denen sie wachsen können. In diesem Bestreben müssen sie also von uns als Vereinen erreicht werden. Wir können in unserem Angebot Freiräume schaffen, in denen sich die Kinder und Jugendlichen erproben und ihre Stärken entwickeln können.

Eine Konkurrenz zu diesen traditionellen Angeboten stellen aus Sicht der Vereine in zunehmendem Maße die modernen Unterhaltungsmedien unserer Gesellschaft dar. Das Fernsehen zählt oftmals schon von jüngster Kindheit an zur selbstverständlichen Freizeitbeschäftigung. Entspannungssuche vor dem Fernsehgerät anstatt beim Spaziergang durch die Natur oder durch sportliche Betätigung sind längst keine Ausnahme mehr.
Auch die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nach Spannung und Abenteuer werden immer häufiger als körperlich passives Erleben über Video- und Computerspiele befriedigt.

Hier sind wir alle, als Vertreter der Licher Vereine gefordert, unsere Angebote transparent zu machen und mit Gesprächen und Aktionen Jugendliche für die aktive Teilnahme zu gewinnen.
Das Angebot ist groß und sollte eigentlich garantieren, dass es für jedes Kind und jeden Jugendlichen ein den individuellen Bedürfnissen und Interessen entsprechendes Betätigungsfeld in der Licher Vereinslandschaft gibt.

Während bei den Pfadfindern, Naturschützern und Tierzüchtern in erster Linie die Natur, Erlebnispädagogik und tiergestützte Therapieformen im Mittelpunkt stehen, sind beispielsweise in den Musikvereinen Kreativität und eine Vielfalt an Sinneseindrücken gefragt.

Freiwillige Feuerwehr und Deutsches Rotes Kreuz zeichnen sich vor allem durch ein hohes Maß an Verantwortung aus. Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse, die Erfahrung von Grenzen der körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit und die Entwicklung von Teamgeist sind wichtige und charakteristische Bestandteile der Jugendarbeit in Sportvereinen.

Gemein ist allen Vereinen die Bedeutung seiner Betreuerinnen und Betreuer. Sie gehören zu den Erwachsenen, die neben Eltern und Lehrern regelmäßig Kontakt zu den Kindern haben und damit einen Vorbildcharakter einnehmen.
Die Betreuerinnen und Betreuer genießen für die Jugendlichen Erzieherstatus und sind für diese eine enorm wichtige Bezugsperson. Eine Befragung hat gezeigt, dass Vereinsübungsleiter in ihrer emotionalen Bedeutung für die Jugendlichen unmittelbar hinter den familiären Bezugspersonen (Eltern, Großeltern, …) und somit noch vor den Lehrern rangieren. Dieser großen Verantwortung sollten wir uns also alle bewusst sein.

Dass es sich bei den vorangegangenen Überlegungen nicht um graue Theorie handelt, haben zahlreiche Erfahrungen und Untersuchungen gezeigt.
Sozialwissenschaftler haben herausgefunden, dass jugendliche Vereinsmitglieder Problembelastungen wie Stress in der Schule oder im Elternhaus, Finden von sozialen Kontakten sowie gesundheitliche Beeinträchtigungen in geringerem Maße erleben, als ihre Mitschüler, die nicht im Verein sind. Sie unterscheiden sich von diesen auch hinsichtlich der wahrgenommenen psychosomatischen Beschwerden, die sie eher als weniger belastend ansehen.

Die im Vereinsleben erworbene soziale Kompetenz, die in gesteigertem Selbstvertrauen, Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit, Führungsverantwortung und Selbstständigkeit zum Ausdruck kommt, erleichtert es den Kindern zudem, sich gut in die Gemeinschaft mit Gleichaltrigen einfügen zu können.
Menschen, die bereits in ihrer Kindheit und Jugend gelernt haben, mit Konflikten umzugehen und über ihre Schwierigkeiten zu sprechen, sind weniger anfällig für Suchtmittel. Sie sind stark genug, ihre Alltagsprobleme zu lösen, ohne "Scheinlösungen" im Rausch zu suchen.

Konkret auf alle Aktionen der Licher Vereine einzugehen, ist in diesem Forum schier unmöglich. Zu unterschiedlich und zu vielfältig ist das Angebot. Aus diesem Grund stehen alle Vereinsvertreter sicherlich jederzeit gerne zu persönlichen Gesprächen zur Verfügung. Wir freuen uns auf eine rege Nutzung der Informationsmöglichkeiten

Natürlich können aber die Vereine alleine auch keine Prävention betreiben. Es ist also notwendig, dies als Gemeinschaftsaufgabe aller gesellschaftlicher Gruppen zu sehen.
Ganz bestimmt können aber Unterstützung und Rückhalt im Vereinsleben Kinder stark machen - auch für alle anderen Lebensbereiche.

 

Dirk Lehmann
18.05.2002